Statements zur Klybeckinsel

Hafen – Quai – das heisst Platz für Umschlag

Lieber eine Vogelinsel als eine schlechte Planung! Eigentlich kann ich mir die Umwandlung des Hafengebiets auch als etwas Spannendes und Erfreuliches vorstellen – aber nicht mit denen, die bisher in Basel die Planung planen – Hilfe!!!! Die planen nur für den "Homo consumens", der bei gesicherter Anstellung und hohem Lohn seine Freizeit mit "schöner Wohnen" und anderen Arten des Geld ausgebens verbringt. In der Nachbarschaft des Klybeckquai hingegen wohnen Menschen mit unterdurchschnittlicher Kaufkraft, aber anderen Ressourcen. Hier leben Menschen, die im verdichteten Wohnen zwischen Hafen und Chemie gelernt haben mit Lärm umzugehen, und die wissen, dass Arbeiten, Leben und Feste feiern in der Regel Geräusche produziert. Diese Ressource ermöglicht der Stadt auf dem Klybeckquai eine Planung für Nutzungen, die sonst nirgends in Basel mehr möglich sein werden. Das Gewerbe, das aus Dreispitz und Volta verdrängt wird – kommt ins Klybeck. Der Zirkus, der bei der Messe keinen Platz mehr findet, und das Tattoo von mir aus auch, kommen ins Klybeck. Der Standplatz für Fahrende, den die PlanerInnen trotz Bundesverpflichtung immer wieder aus dem Richtplan nehmen – auf dem Klybeckquai hat's Platz! Ebenso für einen Campingplatz, damit Basel endlich gastfreundlich wird. So vieles könnte möglich sein. Hafen – Quai – das heisst Platz für Umschlag, Ort für Öffnung und Veränderung, permanente Zwischennutzung, Innovation.

Ein Platz für vielfältige Lebensformen

Die Brache der Klybeckinsel bietet eine einmalige Gelegenheit für Bund und Kanton, ein vor langer Zeit gegebenes Versprechen einzulösen und so ein von 1926–1973 an der jenischen Ethnie begangenes Verbrechen wieder gut zu machen. Die durch den Rückbau des Hafenareals frei werdende Fläche bietet vielen Lebensformen Raum. Nicht zuletzt auch der fahrenden Tradition der Jenischen.

"Als die Schweiz 1998 das Rahmenübereinkommen ratifizierte und die Fahrenden als nationale Minderheit anerkannte, wollte sie damit eine traditionelle kulturelle Minderheit erhalten und schützen. Die nomadische Lebensweise ist ein wesentlicher Bestandteil der Identität dieser Minderheit und unmittelbar mit der Ausübung ihrer verschiedenen Erwerbstätigkeiten verbunden." (Dritter Bericht der Schweiz zur Umsetzung des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten, S.26)

Bis heute fehlt es an Stand- und Durchgangsplätzen. Aktuell gibt es keine solchen Plätze im Kanton Basel-Stadt. Dies obwohl die Kantone dazu verpflichtet wären, der jenischen fahrenden Bevölkerung die für ihre halbnomadische Lebensweise nötigen Grundlagen zur Verfügung zu stellen.

Die Klybeckinsel lässt ein Nebeneinander der verschiedensten Lebensformen zu. Daher fordere ich, dass hier Stand- und Durchgangsplätze für eine Schweizer Minderheit, die Jenischen, geschaffen werden.

Inseldasein

Die Klybeckinsel entstand aus der Bewegung. Geröll, herbeigeschafft von der Wiese, als Delta abgelagert, vom Rhein mitgenommen und zur Insel geformt. Mühlen werden entlang des alten Rheins erbaut. Mühlräder drehen sich, Getreide wird angekarrt und Mehl wird ausgeliefert.

Später wird die Klybeckinsel zum Hafengebiet, wird Umschlagplatz für Güter aus aller Welt, auf dem Wasserweg herbeigeschifft, dann verladen und auf Schienen abtrans­portiert.

Heute ist die Klybeckinsel Heimat für vorübergehende Nutzungen von Projekten, die sich in Entwicklung befinden und wandlungsfähig sind.

In Zukunft wird die Klybeckinsel Anlegestelle und Standplatz für mobile Wohnformen auf Booten, Hotelschiffen, in Wohnwagen, Containern und Eisenbahnwaggons.

Die Klybeckinsel bleibt in Bewegung. Sie beherbergt Menschen, die in Bewegung sind.

rise and rise again

rise and rise again, until lambs become lions.

Keine grössenwahnsinnige Planung von oben

Eine Stadt sollte für ihre BewohnerInnen da sein, denn von ihnen wird sie geprägt und belebt. In Basel verkommt die Bevölkerung jedoch immer mehr zum Spielball von Stadtplanern. Wie viele tote, aber schicke Wohnsilos für Besserverdienende braucht es denn noch? Wie viele leerstehende Geschäftsräumlichkeiten sollen noch hochgezogen werden?

Das Klybeck und Kleinhüningen sind fast die einzigen Quartiere, in welchem die Mieten zahlbar oder gar günstig sind. Hier gibt es eine historisch gewachsene Mischung verschiedenster Menschen: Bunt, schräg, manchmal laut, aber immer lebendig und im Kontakt zueinander. Und genau deshalb ist dieses Quartier Heimat für mich. Ich wehre mich dagegen, dass dieses Quartier durch grössenwahnsinnige Planung von oben zerstört und die bisherigen BewohnerInnen vertrieben werden.

Wir wohnen hier, deshalb fragen wir uns:

1. Die Lage am Rheinufer ist per se exklusiv. Warum an exklusiver Lage Wohnungen für Wenige, anstatt Freiraum für Viele?

2.a. Alle sprechen von einer wünschenswerten Durchmischung, weshalb werden dann nicht mal das Bruderholz- oder das Gellertquartier gründlich durchmischt?

2.b. Alle sprechen von einer wünschenswerten Durchmischung – aber keiner von den daraus entstehenden Interessenskonflikten. Weshalb nicht jedem sein eigenes Ghetto? Oder: wenn das Bruderholz und das Gellert einen Anspruch auf das eigene Ghetto haben, warum denn nicht auch wir?
PS: das Klybeck ist natürlich grossartig durchmischt: Alte neben Jungen, Emigrierte und Integrierte, Linke und Rechte, Schwache neben Starken, es gibt Einzelne und Familien­verbände, Vereine und Musikpaläste, Grossindustrie und Kleingewerbe … Soll diese Artenvielfalt tatsächlich durch eine geplante Monokultur bedroht werden?

3. Das Klybeck hat sich entlang und zwischen einer Industriezone entwickelt. Es ist an Lärm und andere Emissionen gewöhnt, gerade deshalb sind die Mietzinsen günstig. Weshalb wird bei einer Planung nicht auf dieser Ausgangslage aufgebaut und z.B. lärmintensive und deshalb schwer zu platzierende Nutzungen angesiedelt? Wie Zirkus, Platz für Fahrende, mobile Jugendkultur, Märkte, Kleingewerbe, temporäre Nachtclubs, ad-hoc-Schwitzhütten, etc. …

4. Warum nicht einmal wirklich radikale Experimente wie: Mobilien ja, Immobilien nein!? Anstelle einer Hochhausvision aus dem letzten Jahrhundert?

5. Niemand kann leider vorhersehen, was in 30 Jahren sein wird: weshalb eine neues Quartier nicht wachsen lassen, anstatt es am Reissbrett planentwickeln für Bedürfnisse, die vielleicht gar nie eintreffen werden? Oder haben StadtentwicklerInnen hellseherische Fähigkeiten? Oder macht Wachstumsglaube blind?

Und wir denken:
Verdichtet bauen und wohnen kann auch heissen: wenig Privatraum für die Einzelnen (siehe Matthäus- und Klybeckquartier), dafür viel gemeinschaftlich nutzbarer Raum. Und Urbanität entsteht nicht einfach durch Bauten und Artenvielfalt nicht durch künstliche Durchmischung. Artenvielfalt braucht Nischen, Brachen und Nährboden zum Gedeihen! Urbanität auch.

Spekulation mit unserem Zuhause. Nein Danke.

Eine Stadt wird durch individuelle Lebensentwürfe und Kreativität belebt und gestaltet. In unserem Quartier ist dies auf eine einzigartige Weise gelungen. Selbstverwaltete Projekte und Kleingewerbe konnten bis jetzt erhalten bleiben. Und dies soll auch in Zukunft so bleiben.

Ein Grossbauprojekt auf der Klybeckinsel motiviert Eigentümer und Investoren, Modernisierungsmassnahmen an Gebäuden vorzunehmen, da der Mehrwert des Ortes gesteigert wird. Dies wiederum gefährdet günstige Mieten, auf welche viele Leute angewiesen und nicht bereit sind, mehr als ein Drittel des Gehaltes in die Miete zu stecken.

Die Kultur der Kreativität, Selbstorganisation und Multikulturalität im Klybeck soll nicht einer Landschaft von Prestigeobjekten und einem Lebensstandard der Besserbetuchten weichen.

Denn das Quartier sind wir!